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[Turnen] Meine Turngeschichte

Jeder Mensch hat Träume. Jeder Mensch setzt sich Ziele. Auch ich habe das getan… Die meiste Zeit meines Lebens war das Turnen der Hauptbestandteil meines Lebens. Es hat mich glücklich gemacht. Manchmal fühlte ich mich in der Turnhalle wohler als sonst irgendwo. Manchmal war die Turnhalle mein einziger Zufluchtsort. Auch heute ist das Turnen noch eines der wichtigsten Dinge in meinem Leben, aber komplett anders als noch vor fünf oder sechs Jahren… Aber das wurde mir erst vor Kurzem bewusst…

Mein Traum – Mein Ziel – Meine Niederlage?

Mein größter Traum war es schon immer auf Hessische Meisterschaften zu fahren. Diesen Traum haben wir (meine damalige Mannschaft und ich) mir an meinem 16. Geburtstag erfüllt. Nach Langem hin und her und viel Überredungskünste meiner Trainer, haben wir uns an diesem Tag für die Hessischen Mannschaftsmeisterschaften qualifiziert und sind dort sogar 4. Geworden. Was damals vor knapp 10 Jahren eine große Enttäuschung für die ganze Mannschaft war, ist heute meine schönste Erinnerung an meine aktive Zeit als Turnerin. Jahrelang sind wir regelmäßig zu den Bezirksmeisterschaften gefahren, aber nur in diesem einen Jahr gelang meiner Mannschaft und mir die Qualifikation zur Hessenmeisterschaft…

Wenn Träume platzen, weil die Angst zu groß

Ich glaube im gleichen Jahr, oder das Jahr darauf startete ich bei meinen letzten Einzel-Qualis in der höchsten Pflicht-Stufe in der Jugend… Ich war auf dem besten Weg zur Qualifikation… Hatte vor dem letzten Gerät einigen Vorsprung vor der zweitplatzierten… Ich hätte nur noch irgendwie den doofen Überschlag über den Tisch machen müssen, Hauptsache drüber egal wie. Der Vorsprung hätte gereicht… Doch meine Angst vor diesem doofen Überschlag war einfach zu groß… Mit Tränen in den Augen verließ ich vor dem letzten Gerät die Turnhalle und flehte meine Eltern an, mit mir nach Hause zu fahren… Ich hätte Angst, und der Druck, Denn Ich mir selbst auferlegte war einfach zu groß…  Auch wenn ich an dem Tag den Wettkampf meines Lebens geturnt habe… Zumindest an den ersten drei Geräten…

Das eigene Versprechen noch eine Einzel-Hessenmeisterschaft zu Turnen…

Natürlich habe ich mich nicht qualifiziert. Aber an diesem Tag habe ich mir selbst ein Versprechen gegeben. Ich wollte nicht aufhören zu Turnen, bevor ich nicht mal Einzel-Hessenmeisterschaften geturnt habe… Natürlich kommt immer alles anders, als man hofft. Ich habe lange nach meinen Erfolgen noch weiter trainiert. Hauptsächlich Böden und Balken, denn Darin war ich einigermaßen gut. Aber immer öfter bekam ich Angst vor neuen Teilen… Ich blieb stehen… Die Teile, die ich bereits könnte versuchte ich zu perfektionieren, doch auch hier kam ich an meine Grenzen… Dann mein FSJ, meine Zeit im Ausland, mein Umzug an die Nordsee, mein Rücken… Fast 3 Jahre habe ich kaum geturnt… Als ich letzten Sommer zurück zog, wollte ich nichts mehr, als trainieren um mir mein Versprechen an mich selbst zu erfüllen…

Der Aufbau – die Rückschläge – das Erwachen

Ich kämpfte hart um mir mein Versprechen zu erfüllen. Ich stand vier Mal die Woche in der Halle und habe trainiert. Doch ein Rückschlag kam nach dem Anderen. Zuerst eine Kapselverletzung am Fußzeh, dann eine Bänderverletzung am Fuß, dann machte sich mein Rücken verstärkt bemerkbar. Mein Ziel rückte in weite Ferne… Doch Mitte 2017 stand das Deutsche Turnfest in Berlin auf dem Programm… Es sollte mein Comeback für Wettkämpfe werden. Ich trainierte hart dafür, und ich kämpfte mit meinen Nerven.

Das Deutsche Turnfest als Ende meiner „Turnkarriere“

Auf dem deutschen Turnfest startete ich nochmals am Balken und Boden im Wahlwettkampf. Total unbedeutend aber für mich ein großer Schritt. Fünf Jahre nach meinem letzten Wettkampf, wollte ich mir selbst beweisen, dass ich es noch immer kann. Nachdem meine Nerven nicht ganz mitspielen wollten und nachdem meine eigentliche Trainerkollegin lange auf mich eingeredet hat, bin ich auf den Balken – mein Paradegerät (meine Turnkids nennen mich liebevoll die Balkenmona) – gestiegen… Ich wollte nicht fallen, doch ich habe so sehr gezittert, dass sogar der Balken unter mir zu Wackeln begann. Doch ich habe meine Übung ohne Sturz beendet, und ich war verdamme stolz, dass ich das noch drauf habe.

Jedes Ende kann ein Anfang sein

Was für mich eigentlich der Anfang sein sollte, stellte sich eher als Ende heraus. Ich habe mir bewiesen, dass ich am Balken noch immer die Balkenmona unsere „Queen of tue Beam“ bin. Doch seit Berlin habe ich nur noch vereinzelte Male trainiert. Ich stehe inzwischen über 10 Stunden die Woche in der Turnhalle und halte Turnstunde. Ich und eine meiner früheren Mannschaftskameradinnen haben im letzten Jahr eine Akrobatik Showgruppe eröffnet, mit der wir momentan auf unsere erste Tuju-Stars Saison hin arbeiten, außerdem trainiere ich noch Mädchen zwischen Sechs und 15 Jahren im Turnen.

Im Frühjahr habe ich die Abteilungsleitung übernommen und führe jetzt die Abteilung in unserem Verein an, die mir in meinem ganzen Leben bisher so viel gegeben hat. Es tut so unglaublich gut, dass meine Turnkids trotzdem zu mir aufschauen, was ich kann… Obwohl das inzwischen nur noch ein Bruchteil von dem ist, was ich mal konnte… Trotzdem tut es gut zu hören, wenn ich den Mädchen neue Teile beibringe und die Eltern sich für mein Engagement bedanken.

Akzeptanz führt zur Besserung

Lange Zeit habe ich meiner aktiven Zeit als Turnerin hinterher getrauert. Und das obwohl ich nie die Beste war. Aber dem Sport hat schon immer mein Herz gehört und ich könnte mir ein Leben ohne das Turnen nicht mehr vorstellen. Bis vor Kurzem war mir gar nicht bewusst, dass ich meine Turnkarriere quasi aufgegeben habe… Bis vor Kurzem wusste ich nicht, was das für mich heißt. Doch inzwischen habe ich verstanden, dass ich als Trainerin mehr gebraucht werde als als Turnerin. Das macht es für mich doch recht schwer einzusehen, denn an diesem Sport hängen alle meine Erinnerungen… die schlechten und die Guten. Ich erinnere mich gerne an die Zeiten zurück, in denen ich für meine Verhältnisse erfolgreich war.

Doch meine Zeit ist vorbei. Meine Zeit in der ich in der Lage war in der Konkurrenz mitzuturnen. Natürlich belastet mich das und es stimmt mich traurig, denn mein Ziel, das Versprechen, das ich mir vor acht oder neun Jahren gab, habe ich nicht erreicht. Aber dafür vieles Andere, auf das ich stolz bin. Mit dem Turnfest in Berlin. Meiner lange nicht perfekten Balkenübung, bei der ich den Balken durch mein Zittern das erste Mal zum Wackeln gebracht habe. Und der Gewissheit bessere Punkte bekommen zu haben, als eine andere Turnerin, die nie wirklich aufgehört hatte zu Turnen und schon immer gut war, aus unserem Gau. Unter welchen Umständen (sie fiel vom Balken – 2 Mal – und hätte trotzdem nur ein Zehntel weniger als ich) war mir egal… Am Balken war ich noch Konkurrenzfähig. Doch Wettkämpfe bestehen aus vier Geräten und an den anderen kann ich niemals die Leistung bringen, dass ich einigermaßen Anschluss an meine Konkurrenz hätte…

Meine Zeit ist vorüber und auch wenn es schwer fällt, versuche ich derzeit meine Entscheidung zu akzeptieren, die ich unterbewusst schon vor da einem halben Jahr gefällt habe.

Das war sie. Monats Turngeschichte als aktive Turnerin, doch dem Sport werde ich mein Leben lang verbunden bleiben und mich dafür einsetzen, egal ob als Trainerin oder Abteilungsleitung. Das bin ich dem Verein, der mir so viele wundervolle Erinnerungen geschenkt hat, einfach schuldig.

Allerliebst

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